Jahresausgabe 1999: Schwerpunktthema Polen

Tygiel Kultury

von Anna Ananieva


Mit der Präsentation der russischen Autorengruppe "Altera pars" aus der Gießener Partneruniversitätsstadt Kasan begann die SHANGHAI Opera eine Reihe, in der in loser Folge ein Einblick in die aktuellen literarischen Tendenzen und Ereignisse in den Partnerstädten und an den Partneruniversitäten gegeben werden soll.
Es musste erst ein Kulturabkommen zwischen Bonn und Warszawa her, bevor 1978 ein Partnerschaftsvertrag zwischen der Gießener Universität und der Universytet Lódzki unterzeichnet werden konnte, um den bereits existierenden Verbindungen eine Grundlage für künftige umfangreiche Zusammenarbeit zu sichern. Diese noch zu der Zeit des Kalten Krieges entstandene Partnerschaft hat nicht nur erfolgreiche deutsch-polnische wissenschaftliche Projekte, sondern auch unzählige persönliche und kulturelle Kontakte hervorgebracht.

Im Oktober 1997 waren drei herausragende polnische Autoren: Dorota Koman, Andrzej Strak und Zbigniew Dominiak, aus dem Umfeld der Zeitschrift "Tigiel Kultury" für eine Woche zu Gast bei dem LiteraturBüro Gießen und mit einer deutsch-polnischen Lesung bei dem Jahrespressefest der SHANGHAI Opera vertreten. Polnische Texte wurden von Urszula Usakowska-Wolff aus diesem Anlass ins Deutsche übersetzt und vorgetragen. Die in Warszawa geborene Journalistin, Lyrikerin und Übersetzerin wohnt seit 1986 in Bad Oeynhausen und hat u.a. die Lyrik von Erna Rosenstein übersetzt und herausgegeben.

"Tygiel Kultury" heisst auf deutsch "Schmelztiegel der Kultur" und wurde 1996 in Lódz gegründet, wo sie als Monatsschrift mit finanzieller Unterstützung der Stadt und der Wojewodschaft Lódz des Ministeriums für Kunst und Kultur und der Stefan-Batory-Stiftung erscheint. Die Zeitschrift setzt sich mit sozialen, kunst- und kulturkritischen Themen auseinander, die die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der zweitgrössten polnischen Stadt und der Region Lódz betreffen. Regelmäßig veröffentlicht sie zeitgenössische polnische und internationale Lyrik und Essayistik. Auf großes Interesse in Polen stoßen ihre doppelten Themenausgaben wie z.B. "Der unbekannte Witold Gombrowicz", "Über Jerzy Kosinski", "Karl Dedecius - der Meister aus Darmstadt", "Portugal - Schmelztiegel der Kulturen", "Luftige Städte - unwirkliche Städte", "Die Rückkehr des Realismus - amerikanische Prosa heute", "Im Schatten des Imperiums" - über Probleme und Kultur der Völker, die nach dem Zerfall der Großmächte ihre Unabhängigkeit erlangt haben. Viel Platz wird in "Tygiel Kultury" auch der polnischen Emigrationskultur gewidmet.