Jahresausgabe 1998

Lyrik

von Heike Böcke

 

Die 1964 in Essen geborene und seit einigen Jahren in Fulda lebende Künstlerin Heike Böcke, hat, neben dem Dichten, Musizieren und Singen noch gastronomische und schauspielerische Ambitionen. Heike gehört zu der Arbeitsgemeinschaft Fuldaer Autoren / G:97 und hat vor kurzem als Buchautorin debütiert: "Die blaue Stunde" (Gedichte). Die Lyrik von Heike Böcke ist offen, bezieht sich stark auf die eigene, bzw. eine gegenüberstehende Person, als wäre dieses Dichtertum einem Tagebuch - geheime Schrift ei-nes Menschen - entnommen worden. Alle, unter anderen auch ziemlich brutalen Gedichte scheinen durchlebt zu sein und daher sind diese auch kaum kritisierbar.
Alexander Stripling.


Neues Leben

Erschöpft sinke ich in die Kissen.
Rasender Puls,
glänzende Augen,
jede Pore riecht nach Liebe,
jeder Atemzug schmeckt nach Leben.
Meine Haut ist mit winzigen Perlen
bedeckt
und glänzt.
Noch eine kleine Ewigkeit
genieße ich das Gefühl,
Frau zu sein.
Bis ich dann, entsprechend verblüfft,
wahrnehme,
daß ich alleine bin.
Ja, -
ich liebe wieder,
mich,
dich,
die ganze Welt
und somit vor allem mein Leben.

 

Mind Fuck

Mein Puls rast,
pitschnaß geschwitzt
schrecke ich aus meinen
Phantasien auf.
In jeder neuen Sequenz
Bist du dominanter.
Jedes neue Bild ist gewalttätiger.
Du drückst mich geschickt
Gegen die Wand,
flüsterst mir mit weicher Stimme
deine Phantasien in die Ohren,
während du mit starker Hand
meinen Kopf an den Haaren
nach hinten reißt.
Deine Stimme weich,
deine Taten hart.
Nimmst mich, ohne zu fragen.
Von Traum zu Traum bist du
männlicher.
Ich kann dir nichts entgegensetzen,
bin dir verfallen.
Will dich.
Morgens, mittags, abends, nachts.
Während der Arbeit,
beim Arzt,
im Zug.
Ja, sogar, wenn ich schlafe.
Jede Sequenz ist
Erniedrigung und Ekstase,
Schmerz und Lust
zusammen.
Waffen oder Handschellen
benötigst du nicht.
Du bist einfach nur Mann.
Unerbittlich führst du
mir meine Schwächen vor Augen.
Um so brutaler die Phantasiebilder,
desto schmackhafter die Geilheit,
und letzten Endes die Befriedigung -
dann die Realität.
Du kommst herein,
grinst schüchtern,
nimmst mich freundschaftlich
in die Arme
und ich habe
fast ein schlechtes Gewissen,
weil ich dich immer wieder
verführe,
aber wenn du gehst,
habe ich meine Phantasien wieder
und erlebe unbeschreibliches
mit dir.