Jahresausgabe 1998

Lyrik

von Christoph Grobe

 

Februar

Ich liege, von Müdegeistern umfallen
Erinnerungen an Haß, Frösteln, Zittern
es ist düster am Morgen, wird wohl auch
nicht heller, kalt
die Heizung spannt die Muskeln, meine
bloßen Arme an der Luft, alles andere
weitgehend bedeckt, die Nase
soll atmen, will nicht atmen
öffnet, schließt
ich habe gelesen, trage Gelesenes noch in mir
trage auch Blähungen, Luft in mir
eingespannt, gehalten, was will ich
mit der Luft, ich sage, jetzt
als der Schmerz kommt
ich sage: ich singe
ich sage: ich laufe über trockenes, helles Gras
ich lache, sage: ich gehe, Erinnerungen
vom Fliegen, einen der flog, das
war ich, betrachtend
Neugier, Gier, Rauschen der Heizung, wo ich Stille meinte
Warten
                                    erinnertes Warten
und Warten bei erinnertem Warten
Decken in Decken
gerollt
aufeinandergesetzte Zähne
Saugen durch die Nase, wieder und wieder
Geräusche, erinnertes
Riechen, erträumtes Riechen
erträumte Gedanken, ich sage: ich möchte
die Augen brennen
von der Nacht, das
sind die Reste, sage ich
die ich nach dem Aufstehen begraben möchte
ich will verlassen, ich will
alle Luft
entweichen lassen
die Luft verlassen, die entwichene
Luft verlassen
ich sage: ich will Lust
wie in einem Traum, trotz der vielen
Fenster braucht das Zimmer Beleuchtung
und Schnee ist draußen, viel Schnee
und es tanzt vor meinen Augen
ein dunkler Fleck


es lagen

es lagen drei Männer am Rand wie gefällt
ich flüsterte
man sagte: geh
man sagte: es lagen drei Männer wie gefällt
ich horchte
ich fuhr mit den Fingern durchs Haar
ich blickte mit geraden Augen
man teilte
es lagen drei Männer am Rand
man blickte, man staunte, man verlangsamte
ich hoffte
ich fuhr mit den Fingern durchs Haar
ich blickte mit geraden Augen
man sagte: geh
man vergaß
ich teilte: es lagen drei Männer am Rand wie gefällt


Es war Wind

Ich taumelte
ich taumelte und ließ den Schorf
ich vergaß zu sprechen
man sagte: es war Wind und beim Wald war es dunkel
man lachte
ich vergaß zu sprechen
man sagte: es war Wind und beim Wald war es dunkel
man feierte
ich sagte: ich taumelte
ich sagte: ich taumelte, ich fiel
man blieb sich gewiß
man feierte
ich erinnerte mich
ich erinnerte mich am Rand des Feuers
ich sagte: ich taumelte, ich fiel
ich trat heran
man schwieg
man versuchte zu sehen
man breitete die Hände aus
ich erinnerte mich
ich erinnerte mich am Rand des Feuers
ich durfte liegen
man sagte: es war Wind und beim Wald war es dunkel

 

Beweglich
Unbewegliches bewegend
sehr nahe
tastend
ich sah meine Hand
auf dem Rücken liegen
und sprach mit ihr
ich sah
Worte schäumen
Gedanken wie dünne Fäden
enden
die Finger spreizend
stand ich auf
den Kopf emporgehoben
die Schultern gesenkt
ich sah
meinen Blick
von Sehnsucht geschützt
ich träumte mit wachem Gesicht
meinem Herz
entgegen