Jahresausgabe 1998

EIN JAHR IN SHANGHAI - aus meinen Notizbüchern - 10. 11. 1998

von Florian Michnacs

 

EIN JAHR IN SHANGHAI - aus meinen Notizbüchern - Florian Michnacs, 10. 11. 1998

5. 11. 1997 - Heute Morgen hatte ich das Gefühl, es sei ein Tag zum Schreiben, dann verließ ich das Haus. Zweimal wollte ich im Haus die Richtung ändern, jetzt ist mein Kopf leer.
7. 11. - (Weitere Ideen für meinen Roman, seit April in Planung, ebenso laufend Ideen bis zur Vollendung im September.)
9. 11. - In der Shanghai Blau Termin für meine Lesung im Café Schwarz: 13. Dezember. Gestern die Lesung (Christoph Grobe) war durchschnittlich, aber für Heuchelheim okay.
13. 11. - Die aktuelle Shanghai steht im Domizil, die haben da gestern alle meine beiden Seiten gelesen. Ich glaube, als Anregung habe ich die richtigen Gedichte ausgewählt. Ich mache etwas Werbung mit kleinen, selbstgeschriebenen Zetteln, auf denen der Termin vermerkt ist. Das ist zwar ungewöhnlich, aber dadurch fällt man ja auf.
20. 11. - Vielleicht taugt die Schriftstellerei nur zum Hauptberuf. Man säße dann beruflich vor einem Notizbuch, um dort ordentlich Ideen einzutragen. Fürs Schreiben erdenkt man sich eine Art Leidfaden, an dem man sich im Erzählen entlanghangelt, während man in seinen notierten Ideen blättert. Nebenberuflich schreibt man hingegen seine Ideen hektisch auf erstbeste Fetzen Papier, in ungenauen Stichworten, so daß sie einen Wust oder Haufen zu bilden beginnen, welchen man abwechselnd zu sortieren und wieder aus dem Weg zu räumen hat, um sonst noch den Haushalt zu betreiben. So laufe ich im Moment meinen Ideen hinterher, voll das ambulante Gewerbe. Aber geil.
26. 11. - Wenn ich einen Tag lang geschrieben habe, bin ich ganz genauso erschöpft von der Arbeit, wie nach einem Tag im Labor. Aber alles, was ich im Labor produziere, landet im Mülleimer oder irgendjemand kann damit Karriere machen. Ich bekomme 2000 Mark raus. Wenn ich zu Hause tagelang lese und schreibe, bekomme ich dafür keinen Pfennig, aber ich halte am Ende etwas in meinen Händen.
27. 11. - Gestern im Alten Schloß ein Literaturvortrag von Rolf Haaser. Es war schon der dritte, den ich aufsuchte. Mir fällt auf, daß die "etablierte" literarische Kultur, tritt sie an die Öffentlichkeit, nicht im Stande zu sein scheint, etwas in Bewegung zu bringen. Es erreicht einfach die Menschen nicht. Von 70000 erscheinen 7, und zwar leise Greise und Frauen, die schon zu lange keinen Liebhaber mehr haben. An meiner Novelle kann ich seit Wochen ausschließlich an Samstagen schreiben, das Material ist schwierig, ich brauche ganze Tage am Stück. Es sind fast nur Notizzettel und abgebrochene Schreibversuche, die ich immer wieder sortieren und lesen muß, um Zusammenhänge zu entdecken, kompliziertes auf den Punkt zu bringen und Allgemeinplätze im Erzählstrom einzugliedern.
30 .11. - Letzte Nacht schrieb ich die Novelle ("Diesel/das Dorf") fertig, aus dramaturgischen Gründen mußte ich aus der Wirklichkeit ein ganzes Jahr herausschneiden. Konkret sieht das so aus, daß der Zeitraum Sommer 1992 bis April 1994 auf den Zeitraum Sommer des Jahres in der Geschichte bis April des folgenden Jahres komprimiert ist. Ich bin ja schon stolz darauf, daß ich gestern auf die Schnelle noch Steuernagels Geliebte "Lila" erfand. Lesung von Ludvík Vaculík, der Vergleich Peter Kurzeck und Ludvík Vaculík bestätigte meine Auffassung von Sprache: Alles komplizierte raus! Nur Geschichten sind kompliziert, da darf man sie ruhig einfach erzählen. Seltsamerweise ist Kurzecks Sprache in den Essays, die ich von ihm kenne, ziemlich geglückt abgefasst. Aber in seinen Romanen schreibt er völlig langatmig, verworren und verklausuliert. Er hat Probleme mit den vielen Worten, die einem bei enger Beschäftigung damit plötzlich zur Verfügung stehen. Außerdem scheint er davon besessen zu sein, von nichts anderem als seiner Schriftstellerei zu leben. Der Vaculík sagte daraufhin zu ihm: <<Aber man MUSS doch nicht Schriftsteller sein!>> und der Kurzeck wußte keine Antwort. Vielleicht leiden seine Texte unter der Besessenheit des Autors. Zwei blasse Menschen von der Straße schneiten in die laufende Lesung, hörten die beiden Begriffe "Deutschland" und "Tschechien" und fielen rückwärts wieder raus, naja.
1. 12. - Die ganze Nacht nicht geschlafen, nur im Bett gewälzt, weil mir um fünf Uhr morgens plötzlich das Konzept für die sechs durcheinandergewürfelten Kapitel meines Romans erschien. Die Einladungskarten (gedruckt von Schätzlein) für meine Lesung verschickt: 33 Mark Porto!
6. 12. - Informationen über meinen "Feind" Walter Birk, oh Gott, er wird Lehrer! Er geht mit seiner Freundin zwei Jahre nach Düren, um dort ein Referendariat anzutreten, die Schriftstellerei muß dann zwei Jahre ruhen, harharhar!
10. 12. - Paul Hess hat mich interviewt, er nahm an meinen Vorstellungen von der Schriftstellerei keinen Anstoß, scheinbar bin ich normal. Ich soll die Lesung mit "Kampfstern Galaktika" beginnen.
14. 12. - Lesung: Die Story kam an, yeah! Es waren halt bloß die üblichen acht Leute da, aber das ist schon okay. Heute hagelte es bei der (guten) Wellershoff-Lesung Entschuldigungen fürs Nicht-Erscheinen. Insgesamt bin ich auf dem richtigen Gleis, inhaltlich, thematisch, sprachlich. Aber ich vermisse selbst in so einem Text noch die nötige Gelassenheit. Paul Hess meinte, ich hätte ein großes erzählerisches Talent, er hätte auch noch eine Stunde länger zuhören können (das wären dann zweieinhalb Stunden). Schätzlein fragte nach einer Fortsetzung. Nikola dachte, das sei im Vogelsberg ja wie in der DDR, meine Beschreibungen des Landlebens und der sozialen Beziehungen dort seien sehr gelungen, auch die Abgeschlossenheit hätte ich gut erfaßt. Man hat dann noch gefragt, ob die Mutter in der Geschichte ("Die Waschmaschine war ihr Machtinstrument.") in der Realität meine Mutter sei, haha! Wellershoff schrieb ein Buch über seine WW2-Erfahrungen, angenehm unkompliziert und mit viel Gelassenheit, der kann was!
19. 12. - Gestern Betriebsfeier, Prof. Dr. Werner Seeger saß mir gegenüber, Abschiedsgeschenk: Reclam Leipzig, Deutsche Aphorismen, Volltreffer. Rosi hat's ausgesucht, studierte in Leipzig Germanistik, ich soll ihr mal meine Novelle geben. Ich soll meine Novelle zu großen Verlagen schicken. Ich glaube, es ist richtig, die Arbeit aufzugeben. Die ganze Zeit habe ich mich gefragt, was mich an Walter Birks Beitrag zum Büchner-Rave so stört, der Text ist doch gar nicht schlecht geschrieben. ABER als er ihn vortrug, hat er NUR gestammelt. Der Text ist gar nicht Walters Sprache, er hätte ihn sonst wirklich mit Verve vortragen können, soviel gibt der schon her (auch wenn gar kein ICE in Gießen hält und Büchner nicht gewollt hätte, daß einer nach ihm benannt wird).
25. 12. - Kurzprosa: "25. Dezember 1997" (Weihnachtsgeschichte).
27. und 28. 12. - Kurzprosa: "Ein Bericht über meine Reisen mit der Linie 1." (über zwei Fahrten im Stadtbus nach Allendorf und Rödgen, dort jeweils Wanderungen vor der Rückfahrt).
30. 12. - Kurzprosa: "Steine - Butter - Milch" (über die Häuser meiner Großeltern).
31. 12. - "25. Dezember 1997" als meinen Beitrag für "Junges Literaturforum Hessen-Thüringen" verschickt, ich hatte sonst nur zu lange Texte oder "sexlastige Gedichte" (Herweg) im Angebot.
2. 1. 1998 - Ich war auf dem Arbeitsamt, angeblich ist für Selbstverwirklichung in unserer Zeit kein Platz, trotzdem habe ich jetzt endlich Zeit zum Schreiben.
3. 1. - Erste Gedanken über ein Drama, die Gattung ist nach meinem Geschmack. Mehrere Dramen von Goethe als Lektüre, Aufbereitung der Arbeitsamterfahrungen für den Roman.
6. 1. - Kurzprosa: "Gebet eines Atheisten im Januar" (an Georg Edwards Grab). Ab heute tägliche Reisen nach Kleinlinden, dort Recherchen für meinen Roman, ergab ca. 50 Manuskriptseiten.
12. 1. - Ich habe die ersten elf Seiten der Entwurfsstudie "Der Unfall" (Drama) geschrieben.
13. 1. - Busfahrt nach Kleinlinden, dort weitere Recherchen für den Roman, außerdem für das Drama. Ich bin lieber Schriftsteller als Chemisch-technischer Assistent, Schreiben kann ich besser.
14. 1. - Ich habe die mir vorliegenden Unterlagen über den Unfall 1981 in Kleinlinden zu einem kompletten Drama verarbeitet. Ich finde es persönlich eher langweilig.
15. 1. - Der Schriftsteller sucht, erinnert und sammelt. Oder er findet, erinnert und sammelt. Er sortiert, betrachtet und verknüpft Bestandteile seiner Sammlung. Oder er erkennt in seiner Sammlung, indem er sortiert und betrachtet. Dann verknüpft er, nachdem er erkannt hat. Aus der Verknüpfung kann ein Text entstehen, die Verknüpfung selbst kann auch schon ein Text sein, muß sie aber nicht. Seit Wochen Schreibversuche für Romanfragmente, etwa 100 Seiten.
16. 1. - Ich habe die grüne Kladde gekauft, in der ich meinen Roman schreiben will.
17. 1. - Ja, es geht. Ich lag vorhin in der Badewanne und habe im Selbstgespräch die WG von Tina Blum beschrieben. Es floß wie von selbst. Ich kann den Roman schreiben, Arbeitstitel "Maschine". Gedicht: "Die totale Malerei" (Satzfetzen aus futuristischen Manifesten).
18. 1. - Ich habe angefangen, "Maschine" zu schreiben, bis ein Uhr dreißig morgens. Ich habe am
19. 1. - ...direkt weitergemacht, es läuft gut. Ich tippe die Romanideen aus den Notizbüchern in chronologischer Reihenfolge. Er entsteht ganz anders als die Kurzgeschichten oder die Novelle.
20. 1. - Kurzprosa: "Hildesheim" (sexlastig).
21. 1. - Kurzprosa: "Nummer 76" (über das Arbeitsamt, ein Büro und eine Sachbearbeiterin).
23. 1. - <<Ich bin Sklave meiner Triebe/seit ich Frl. Nicol liebe/Schnatter! Schnatter! diese Weiber.../sexysexy ihre Leiber>>, wie schon "Der Plan" einst sang. Junge Literaten sollen nicht trödeln. Die besten Werke werden mit je Tausend Mark prämiert. Dreißig Werke werden in einer Anthologie veröffentlicht. Sie sollen doch letztlich zur Umgestaltung der Gesellschaft beitragen.
24. 1. - Café Schwarz, Lesung von Iljitsch Rumpf, alle Eintragungen beziehen sich auf Sabine, die mir gegenübersaß. Ich habe den Text über Irland nicht verstanden, Rumpf ist exaltiert.
25. 1. - Hey, Shanghai! Vielleicht stellt man sie ein. Es ist kein Geld mehr da. Die Stadt ist zu knauserig. Ich habe alle Ausgaben. Ein Jahr Literatur in der Gegend hier, ich weiß, wie es hier läuft. Ich lese bald wieder, vielleicht hält man sich den Abend frei. Byzanz Total, Café Schwarz und keine Shanghai. Sonst bloß die Matineelesungen für Frühaufsteher.
27. 1. - Der Schriftsteller geht heute auf eine Lesung, zu Inge Viett, Terroristin. Genossinnen und Genossen! <<Wie schwerwiegend ist denn der Ärger, den ihr kriegt?>> fragte Inge Viett die DKP. Zunächst las sie einen vergleichsweise sehr guten autobiographischen Text in Auszügen vor und klammerte Polizei, Verhaftung, Anschläge und weitgehend den Knast aus. <<Ja, das war ja eine sehr schöne Geschichte, aber ich meine, du warst doch eine Terroristin.>> Stimmt, aber wer bei den Linksradikalen davon schwärmt, der erzeugt im Publikum bei aller manchmal geäußerten Kritik am Morden den Wunsch nach Gewaltausübung. Das Publikum verlangt sofort, wenn die Diskussion ausbricht, nach Waffen. Ein Kader (Wo hat er studiert?) wirft Rosa Luxemburg, Krupp, Thyssen, Nolte, Stalin und Hitler wild zusammen und fordert die soziale Grundlage einer Stadtguerilla im Hier und Jetzt. Sie schwärmen vom Widerstand, <<Der Verfassungsschutz ist auch heute hier!>> und sie fürchten Unterwanderung. <<Bis auf den Steinmetz ist das nie jemandem gelungen, und der wurde dann ja auch erschossen.>> Deshalb fordern sie einen selbstbestimmten Widerstand. Und warten soll man: <<Warte doch mal kurz. Nee, warte mal.>> (Allgemeines Gelächter.) <<Es ist für das einfache Volk doch leichter, nach unten zu treten, als nach oben zu kämpfen.>> <<Der Staat bringt mich aber nicht um. Es ist mir auch egal, von wem ich ermordet werde.>> <<Mir ist das nicht egal, ob ich von der Polizei oder von der RAF ermordet werde.>> <<Wir müssen den Sozialismus aufarbeiten.>> <<Man muß das System Scheiße finden können.>> Ja. Die Damen in der Literaturszene: Sie sind liebevoll im Umgang mit jeder Tasse Kaffee, die sie einem anbieten. Sie stehen lächelnd hinter dem Kuchenbuffet. Sonst sind sie im Alltag die grauen Mäuse. Sie schauen lächelnd gedankenversunken nach rechts oben ins Leere oder in den Sonnenschein. Sie tragen Übersetzungen von russischen Gedichten vor wie in der Schule, nicht mit Inbrunst, und setzen sich dann hinter den Stand von der Arbeitsgruppe für experimentelle Literatur zu ihren bärtigen, klopsigen Kumpanen.
1. 2. - Wenn man einen Roman schreibt, darf man nur den Handlungsstrang geplant haben. Die Geschichte muß sich praktisch "von selbst" erzählen und baut sich bloß am Handlungsstrang entlang auf. Schauplatz für den Roman nach Maschine gefunden, erste Ideen.
3. 2. - Heute liest der Pole Henryk Bereska, Lyriker. Der Roman schreibt sich gut. Die Lesung war initiiert von der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Moderator war vollkommen geschmacklos eingekleidet. Ich war nicht konzentriert genug, um seinen Ausführungen zu folgen: <<Ich hoffe, sie wieder einmal auf einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung begrüßen zu dürfen. Wir danken auch dem wundervollen Autoren, und gerade in so einer kleinen Runde macht es ja erst richtig Spaß, so etwas zu hören und gemeinsam zu erleben.>> Der Dichter bezog seine Lesung auf das zusammengebrochene, östliche, sozialistische Reich. Die Texte waren ausgesprochen nüchtern. Wenn man sich nicht konzentrierte, hat man wohl wenig verpasst, er hat das auch in kleinen Bemerkungen zwischendurch fast so angedeutet, weil uns im Westen der Bezug zum Thema einfach völlig fehlt. Er hat aber Erzähltalent! Das merkte man, wenn er erklärte oder auf Fragen antwortete, da floß es einfach so dahin. Nur Rentner oder emeritierte und ganz wenige, im Dienst befindliche Professoren waren da. Ein junges Ding von der Stiftung trank ein (!) Glas Wasser, der Dichter dauernd Wein, das Publikum Bier. Nikola Herweg meinte zu mir, daß ich demnächst in einer Sendung auf "Radio Unerhört" zu Gast sein soll, saugute Agentin!
7. 2. - Ich saß im Café Schwarz und wechselte zwei Sätze mit Christoph Grobe. Heute las Marco Michels, das Publikum bestand im wesentlichen aus seinen Eltern, Studienkollegen und ähnlichem. Dann waren noch die üblichen Leute da. Ich hatte ein Notizbuch mit und konnte somit während der Autor las an zwei Gedichten arbeiten. Das war eine ganz neue Erfahrung. Ich konnte auch ein paar meiner Postulate über das Schreiben bestätigt sehen: Man sollte mit Sex und Fäkalien sparsam umgehen. Man sollte in der Sprache auch auf den Punkt kommen, nur eine erzählte Geschichte darf kompliziert sein. Ich beschloß außerdem, selbst keine sogenannten "sprachkritischen" Texte zu schreiben. Ich fragte dann, als nach dem Applaus überhaupt keine Diskussion in Gang kam, ob der Autor von Hand oder am Computer seine Texte schreibt: Erst von Hand und dann am Computer. Ich habe den Vater des Autors anschließend noch dahingehend beruhigt, daß das den Texten sprachlich auch "sehr gut steht".
8. 2. - Morgens im Bett die erste Sexszene meines Romans geschrieben (prüde wie nur was).
9. 2. - Ich habe aus Langeweile Harald Schätzlein angerufen, und er sagte mir so nebenbei, daß ich mir für die neue Byzanz Gedanken zum Thema Wilhelminismus machen soll. Ich weiß gar nicht, was das ist. Gedicht: "Gedanken zum Wilhelminismus" (auf historischen Fakten basierend).
13. 2. - Vorbereitungen für ein Interview mit Gerald Zschorsch (war 1975 bis 1980 in Gießen, Lyriker, Suhrkamp und Klett-Cotta, 1981 Rom-Preis der Villa Massimo). Ist Gerald ein Held?
16. 2. - Falls ich meinen Roman beende, könnte er beim Publikum durchfallen, wegen der unmodernen, gebrochenen Erzählperspektive. Die Welten in der Literatur der Postmoderne sind so, daß sie jeder tatsächlichen Komplexität spotten, sind zu klar, zu überschaubar, zu einfach. Ich habe den Ludwig Börne ein Jahr zu spät entdeckt.
18. 2. - Es gibt hier in Gießen mehr Copy-Shops als Coffee-Shops in Amsterdam. Geh kopieren und verteile Deine Kopien an alle, sie würden gerne etwas von Dir lesen. Versuche, aus Gießen herauszukommen. Ich schreibe einen Roman, der spielt hier. Er handelt von uns. Wie wir hier hängen, wie wir vom Geld abgeschnitten sind und wie wir beschissen werden.
21. 2. - Bei einer Lesung von Reinhard Fiedler war ich heute. Die Gedichte mit Endreim, und das einzige Gedicht, das positiv hervorstach, war auch das älteste. Insgesamt zu Calvinistisch. Dann Prosa, unglaublich lang. Er selbst stand im Mittelpunkt, konnte in der Schule keine Chemie und diskutierte mit seinem besten Freund über Theologie. Ursula war der Stern seines jungen Lebens. Dann aber kam Sabrina aus Kaiserslautern. Mit Crescendo bis in den rauschhaften Zustand, wie eine echte Russin. Und "Florestan" (Held) versank, dann wurde der Autor psychisch krank. Er demonstrierte an der Startbahn West, aber diese Episode will er lieber streichen aus seinem Leben. Die Lesung war rasant aber unglaublich öde. Er hat als Teenager auch einen Roman über die Atombombe geschrieben, den hat er aber wieder verbrannt.
23. 2. - Ist Peter Kurzeck ein hessischer James Joyce? Ist Gerald ein Held?
27. 2. - Gestern die Flyer für meine Lesung verteilt. Wer weiß eigentlich, daß die Lesung stattfindet? Alle wollen zu meiner Lesung kommen, es ist wie beim letzten Mal. Schätzlein will Lyrik von mir in eine Gießen-Anthologie aufnehmen und ins Internet einspeisen.
1. 3. - Gestern noch ein paar Flyer verteilt, wahrscheinlich bleibt meine Lesung unbeachtet. Ich versuche, nicht so einen seriösen Eindruck zu hinterlassen (Totenkopfmotiv etc.), damit die Leute nicht denken, das sei wie in der Schule: Stillsitzen, Zuhören, Nachdenken. Die meisten Literaturveranstaltungen sind extrem langweilig, deshalb findet es kaum Zuspruch.
2. 3. - Ich ging ins Domizil, die Atmosphäre ist feindselig. Man begegnete mir mit einer total negativen Erwartungshaltung. Am besten hätte ich die Lesung über die Bühne gebracht, bevor die Gäste kommen. Die Anwesenden rechneten gestern Abend bloß mit Peinlichkeiten und Langeweile, das ist meine Erfahrung mit Lesungen anderer Autoren. Ich hätte eigentlich gerne so ein Image wie Slayer, aber damit verbreitet man nur Angst und Schrecken. Noch mehr Flyer verteilt.
4. 3. - Die Lesung war ein Erfolg! Mein Mitbewohner hat mich mit Parfüm eingenebelt, weil Betti gemeint hatte, ich soll mich so ein wenig herausputzen. Es waren ungefähr 25 Leute da, alles Nachtschwärmer und Säufer. Niemand außer Hess und Schätzlein ist je auf einer regulären Lesung in Gießen zu sehen gewesen, es war auch niemand aus dem üblichen Zielpublikum da. Ich habe eine völlig andere Sorte Mensch erreicht. Und alle waren begeistert, bis zuletzt andächtig zugehört haben sie und applaudiert. Keine Diskussion über das Autobiographische (Würg!), dafür Schulterklopfen und ungezwungenes, persönliches Gespräch mit dem Bier in der Hand. Auch Betti war völlig angetan. Ich habe ganz schön Pluspunkte gesammelt. Hille ist jetzt mein Fan. Ich erhielt von vielen Seiten Bestätigungen für meine Theorie von der negativen Erwartungshaltung gegenüber Literaturveranstaltungen. Mark bemerkte, er habe sich unterhalten gefühlt, was bei kulturellen Anlässen sonst nicht der Fall sei. Am besten an meiner Lesung fand ich, daß ich danach mit einem Kunsthistoriker und einem Philosophen Scotch trinken konnte, und daß ich neben attraktiven Frauen saß, die ihr Bein an meins drückten. Leider konnte ich mich zwischen ihnen nicht entscheiden.
7. 3. - Gestern habe ich wieder soviel geschrieben, daß mir bald der Arm abfiel. (Seit Mitte Februar hing ich der Wahnidee an, ein Buch mit Übersetzungen der Texte Marshall McLuhans einfach abzuschreiben. Am Ende 40000 Worte in Notizbüchern parallel zum Roman in vier Wochen.) Im Sowieso begrüßten mich Christian und sein Freund als "Star", die Leute würden jetzt über mich reden. Einige Leute fanden die Novelle für eine Lesung in einer Kneipe zu lang, aber Christian meinte auch, daß die Atmosphäre besser war, als bei einer normalen Lesung.
8. 3. - Ich will zum erstenmal die Erzählperspektive des Romans ändern, mehr wie aus einem Guß schreiben. Die Menschen in der Roman-Stadt fühlen sich wie gerädert. Sie betrinken sich an den Abenden und haben dann morgens immer einen dicken Schädel. Sie können sich auch nicht verlieben, sie bumsen mit sonstwem oder gar nicht. Ob sie jemals aus der Stadt fortkommen?
15. 3. - Seit 1993 habe ich etwa ein Dutzend "Bücher" geschrieben. Davon die Hälfte im letzten Jahr. Natürlich sind alle sehr exclusiv für mich selbst, aber es wird den Roman geben. In den nächsten Tagen beende ich den ersten von sechs Teilen. Seltsam: Ich stehe bei meinem Roman vor keinem anderen Problem, als beim Füllen meiner "Bücher" - ich muß unheimlich viele Seiten Papier beschriften. Es gibt praktisch keine andere Schwierigkeit.
18. 3. - (24. Geburtstag) Bettina Tydemann war die erste Frau, die mich geküßt hat, als ich 24 war. Ich werde jetzt ernstgenommen, sagte sie, wegen meiner Lesung.
19. 3. - und folgende Zeit, ich ging kaum noch vor die Tür, weil ich dauernd schrieb. Erzählperspektive im Roman geändert, Recherchen zu einzelnen Charakteren und zum Sujet in Büchern aus meinen Regalen (Shere Hite etc.) und der Stadtbibliothek.
24. 3. - Die Freundin meines Mitbewohners hält meine alten Gedichte für depressiv und zornig, die Wortwahl sei auch sehr hart. Man könnte keines dieser Gedichte abends jemandem vorlesen. Ich sagte, daß ich auch schon freundliche Liebesgedichte schrieb.
29. 3. - Dazu übergegangen, meine Notizhefte in Hinsicht darauf zu schreiben, Stoff für den Roman zu haben. Ich will meine Hauptfigur anders skizzieren, weiter von mir selbst entfernt, nicht mehr mit mir identisch. Keine autobiographischen Texte.
31. 3. - Wenn man sowieso "immer wieder das gleiche Buch schreibt", dann heißt "einen Roman schreiben" ja nur, man hat den Sachen, die man sowieso schreiben wird, nur vorher eine Handlung verpaßt. Und aus dem Zusammentreffen entsteht eine gebrochene Perspektive.
2. 4. - Ich soll morgen ins Radio! Ich soll Bier, Texte und Musik mitbringen. Ob ich schon was an irgendwelche Verlage geschickt hätte, ob ich sowas wie ein Buch plane. Es reizt mich schon, von der Masse bewundert zu werden, aber ich stehe vor der Verlagslandschaft wie der Ochs vorm Berg. Ich will mich erstmal auskennen. Ich weiß nicht mal genau womit. Vielleicht will ich auch in Ruhe das Roman-Manuskript schreiben. Die Leute glauben, daß ich mal berühmt werde. Das hat mir neulich einer von ihnen gesteckt, ich selbst kann dazu nichts sagen. Meine literarischen Wurzeln sind eigentlich Pornographie und Science Fiction, fand ich immer am besten.
4. 4. - Radio war eine lustige Party. Aus der Novelle gelesen, Vergleiche mit Kerouac und Grass, jetzt hörts aber auf! Am Ende war ich total betrunken, weil mir Nikoloa Herweg gesagt hatte, ich soll Bier mitbringen, habe ich natürlich gemacht. Christoph Grobe war auch mit, las aus seinem Roman eine Art Sexszene, und die Spezialisten im Studio hatten irgendwas daran auszusetzen, das sehr fachlich war. Aus solchen Gründen habe ich noch nie ein Buch gelesen. Nikola schreibt nur, um reich und berühmt zu werden, das ist ein gutes Motiv, weil man als "Literat" um viel zu viel Geld beschissen wird. Grobe kann was, erschließt sich beim zweiten Mal und danach. Das "Junge Literaturforum" wollte meine Weihnachtsgeschichte nicht, im Brief steht: <<Unsere größten literarischen Geister haben häufig auf die wesentliche Rolle hingewiesen, die Arbeit und Anstrengung bei dem Vorgang spielt, dessen Ergebnis wir Kunst nennen. Viele von Ihnen legen unverdrossen in jedem Jahr der Jury einen neuen Text vor, und ich möchte meinen Respekt vor dieser Haltung nicht verhehlen. Manchmal erzwingt solche Hartnäckigkeit den Erfolg auf diese mühsame, aber zutiefst künstlerische Weise.>> Was für ein Idiot! Meint der das ernst?
7. 4. - Am Telefon, mein ehemaliger Vorgesetzter über meine Novelle: <<Das war ja nun doch eher autobiographisch. (Das denken alle, stimmt aber nicht, das ist der Trick bei Literatur.) Es stellt sich ja dann schon die Frage, ob dir so etwas nochmal gelingt.>> Ja, denke schon.
8. 4. - Was ich in der Literatur von heute vermisse, ist Humor (eigentlich Witz!), Pornographie, Perspektive (seltsame Perspektive!). Denn man darf ja nie vergessen: Wie sehr man sich auch anstrengen mag - die Literatur kann gar nicht anders als fiktiv sein. Denn man kann immer einen Maßstab anlegen, gemäß dem die Schilderung von der Realität meilenweit entfernt liegt. Und in der Fiktivität liegt ja die Stärke. Mit "Realismus" kann man das Publikum aber gut verarschen. Jörg Brixel sieht aus wie der junge Grass in Italien, Harald Schätzlein ist ein Gespenst.
10. 4. - Also, der Roman beginnt, indem wir annehmen, daß es in Hessen eine Stadt gibt, die Maschine heißt. Und in dieser Stadt gibt es den Sternack (Held). Parallel zum Sternack-Ich gibt es das Autor-Ich, aber Sternack ist nur das Ich, aus dessen Perspektive "Maschine" erzählt wird. Wahrscheinlich muß ich unabhängig von der Gliederung in sechs Teile zwei Erzählebenen getrennt darstellen. Sternack-Ich nur in wörtlicher Rede? Das Autor-Ich (fiktiv!) nimmt "Ich" gar nicht in den Mund? Eigentlich wird die Geschichte zersplittert.
12. 4. - Ich habe gestern im Hard Rock-Café mit Maria geredet und ihr erklärt, daß sie nicht so viele Bücher lesen soll, sondern sich mehr mit den Menschen beschäftigen. Sie hielt das für eine Anspielung, gab mir aber Recht. Sie wirkt immer so unschuldig, zuckt zusammen, wenn man über Katholizismus flucht, und dann in der Rockerkneipe arbeiten, oh je!
18. 4. - Erik hat mit den Leuten über mich gesprochen. <<Du kommst mit uns, Geld ist kein Problem. Wir zahlen dich sechs Jahre. Wir zahlen, wenn du in einer anderen Stadt wohnen mußt, Paris, egal.>> Blablabla. Mal schauen, ich treffe ihn heute evtl. im Ziegelschiff. Selbst wenn das stimmt, ich muß ja nicht, aber damit könnte ich woanders Druck machen. Abends im Ziegelschiff gesessen zwischen Lehrern und sonstigen Akademikern. Wenig Bewegung, Kopfmenschen, aber die Band kam an. Ich habe permanent nichts gezahlt, denn Geld ist da, bis mich nach der Taxifahrt ins Domizil eine der HolländerInnen bat: <<Bring uns doch bitte mal etwas zu trinken mit.>> - nachdem ich schon ein Bier hatte. Dann hatte ich eine Telefonnummer in Amsterdam. Ich soll in zwei Jahren anrufen, wenn mein Buch fertig ist: 0031 20 622 5016, versucht Euer Glück ruhig. In 1992 habe ich mal notiert, daß in Büchern Sarkasmus, Blut & Gewalt, Phantasie und Sex wichtig sind: und es stimmt! Aber das war damals Leseerfahrung. Heute habe ich andere Gründe, so zu denken.
21. 4. - In Maschine wird das Rathaus abbgerissen, was für eine Idee. Sternack ist Zeuge. Ich schreibe einen unseriösen Roman - Hurra! Hurra! Hurra!
25. 4. - Anfrage eines Gießener Rockmusikers (Stefan Wagner), ob ich ihm Texte für ein Band-Projekt schreiben könnte. Bis Ende April vier Stück (Punk, Blues). Wenn ich in fünfzehn Jahren zurückblicke, kann es sein, daß mir alles, was ich dann schreibe, als im Vergleich seichte Scheiße vorkommt, oder als zur Ruhe gekommen. Der Kellner aus dem Café Schwarz (Lesereihe! Wichtige Person!) fährt im RKH-Bus nach Linden und trägt pralle Plastiktüten mit dem Aufdruck, daß man sie mehrmals verwenden soll, außerdem Mantel und Hut.
28. 4. - Betti im Domizil fragte, ob ich jetzt mal andere Leute kenne, die schreiben. <<Ja, Brixel zum Beispiel halt.>> <<Nee, schon so welche, die richtig schreiben.>> <<Ja, aber an was soll man das denn festmachen?>> <<Ja, ich meine, die Byzanz und die Shanghai ist ja alles ganz nett. Aber welche, die über so ein gewisses Level hinauskommen.>> Ich brauche wen, über den ich an einen Verlag gerate.
29. 4. - Es war ganz exakt richtig, daß ich Schriftsteller geworden bin. Als Betti mir sagte, sie nähmen mich seit der Lesung ernst, wurde mir fast eine Last von der Schulter genommen. Außerdem wurde ich geküßt, das hatte aber mit dem Geburtstag zu tun. Dann habe ich keinen Verlag und verdiene mit dem Kram, den ich schreibe, gar kein Geld: Das klingt doch seriös.
30. 4. - Schreiben erfordert eine Engelsgeduld. Ich muß nur daran denken, wie lange ich schon an der kurzen Abriß-Szene schreibe. Ruhe brauche ich dazu auch, aber nicht in meiner Umgebung (ganz im Gegenteil!), sondern in mir selbst. Also, ich bin definitiv nicht der Mensch, der sofort empört aufschreit, wenn nachts auf der Straße Lärm ist oder im Haus. Stefan die Texte gegeben, ein paar Leute haben sie gesehen, finden sie bis auf den ersten gut. Jörg Brixel hat auch noch nie was an Verlage geschickt und ebenfalls so einen Formbrief von dem Wettbewerb daheim. Bettis Einschätzung von Byzanz/Shanghai findet Jeanette unfair. (People try to put us down/just because we get around/the things they do look awful cold/I hope I die before I get old.) Jeanette meint, Jörg Brixel würde auch ewig so weiterleben, wie zur Zeit.
1. 5. - In der Stadt eine Familie verfolgt und beobachtet, wie sie einen Spaziergang machten, dabei auch in einem Gehölz versteckt. Recherche für den Roman. Steuernagel zieht darin nach Frankfurt.
3. 5. - Wir sind eigentlich sehr schlechte Schriftsteller. Wir schaffen es nicht einmal, uns um einen Verlag zu kümmern. Meine kleine Welt: Ein Haufen Papier auf einem Tisch, der mal in einer Eisdiele stand. Der Roman bedeutet für mich im Moment nur Arbeit, bis eines Tages.
4. 5. - Brief an Suhrkamp, biete meine Novelle an, sage, daß ich "ein paar Bücher" von denen "ganz gut" finde. Das ist meine ehrliche Meinung, nicht mehr und nicht weniger.
6. 5. - Konzept für ein Drama aus "Der Unfall", erste Idee.
7. 5. - Jetzt habe ich ja doch an einen Verlag geschrieben! Ja, wir Deutschen: Wir essen Unmengen an Kartoffeln und können es deshalb mit jedem Feind aufnehmen. Ein Buch allein reicht nicht, man braucht auch Charisma, um im Literaturzirkus etwas zu werden. Mein Charisma ist provinziell, versoffen, faul, dreckig, vorlaut, halbgebildet, angeberisch, risikofreudig. Wahrscheinlich haben sie bei Suhrkamp "Bauernsohn Steuernagel" und "Nieder-Ohmen" gelesen und schon gelacht. In Gießen erreicht man immer nur dieselben Leute. Hier fällt niemandem was besseres ein, um einen Verlag zu finden, Probleme von Provinzpoeten. Scheinbar bin ich mit meinem Brief an Suhrkamp ein Pionier, aber Jörg meint, ich hätte mich da <<eher angewidert>>. Naja, das Qualitätskriterium ist immer die Publikumsreaktion. Und wer zum Trost kein Mädchen kennt, pfeift auf dem letzten Loch. Und wenn das ganze Geld verbrennt, die Asche bleibt uns doch.
10. 5. - Neue Verse (direktere Art, Gedichte zu schreiben; einfach ungekünstelt und nüchtern aufschreiben, was ich denke, das ganze in einzelnen, miteinander harmonierenden Zeilen).
13. 5. - Vor drei Tagen habe ich angefangen zu rauchen. Unter Nikotineinfluß kann ich meine Texte hemmungsloser kürzen. Geheimtip! Man müßte alle Nichtraucher in die Armee stecken. Sollte ich meinen Roman neu anfangen? Mich am Ideen-Typoskript entlangschreiben? Nur meine ganz persönlichen Helden aufbauen? Ich schmiede schöne Verse, jetzt endlich. Ich tippe den Roman in einer besseren Fassung. Er ist ziemlich rotzig! Das macht mir Spaß, Suhrkamp wird das nicht.
16. 5. - Die Herweg ist die kompetenteste Agentin, die ich bisher hatte. Sie hat mich binnen kürzester Zeit zweimal in die Zeitung und ins Radio gebracht.
18. 5. - Ich will Schundromane schreiben, die Gattung macht am meisten Spaß. Ich habe vorhin ein wirklich gutes Gedicht geschrieben: "Hat jemand eine Kippe für mich?" Seltsam, ich habe jahrelang geschrieben, um jetzt erst am Anfang zu sein. Hundert seltsame Gedichte bis ich sagen kann, was ich sagen will. Eine Novelle, damit ich Romane schreiben kann.
21. 5. - In drei Tagen an der Schreibmaschine aus "Der Unfall", Übersetzungen von amerikanischen Musik-Texten (Death Metal, Punk, Hardcore, New Wave) und Aussagen meines Bekannten Erik ein Drama geschrieben: "Jesus = Müll (kontemplativ)", das Ende hat aber zuviel Pathos.
26. 5. - Claudia Peinzger findet, das Drama klingt frisch, die Kinderrollen sind problematisch, der Jesus ist zu dominant. Übersetzung der kompletten Texte einer amerikanischen Hardcore-Schallplatte ins Deutsche, Umwandlung in Prosa für meinen Roman.
27. 5. - Mein Mitbewohner meint, ich soll die evangelische Kirche fragen, ob sie mir hilft, mein Stück aufzuführen. Hat es zurückgegeben. Im Sowieso mit Tobias Meinhardt gesprochen: Er hatte mit Wolf Schreiber und anderen in Gießen gegen Ende der 80er Jahre mal eine Literaturzeitschrift: "Vorort". Wolf schrieb ein Gedicht, in dem es darum ging, daß Jesus geboren wurde, weil Maria und Josef Geschlechtsverkehr hatten. Und Jesus bedankt sich dafür bei Josef. An diesem Gedicht scheiterte das Heft, Tobias Eltern sind Christen (Vater Pfarrer), und die Mutter bot damals an, die gesamte Auflage zu kaufen, um sie zu vernichten. Als sie nächtelang geheult hatte, weil sie sich fragte, was sie bei ihrem Sohn falsch gemacht hat, hat Tobias aus Verzweiflung das Heft eingestellt und allen Käufern aufgetragen, die Seite mit diesem Gedicht herauszureißen. Das sei ein Fehler gewesen. Er hält Byzanz Total für ziemlich gut, nicht nur für Gießen.
3. 6. - Der Roman müßte am Ende (geschätzte) 90000 Wörter haben. Etwa 200 Seiten mit 38 Zeilen zu je ca. 12 Wörtern. Den ersten Teil heute in der neuen Fassung fertiggetippt, besser als das Manuskript.
5. 6. - Der Ich-Erzähler darf sich nicht mit dem Leser verbünden! Das werde ich aus dem Manuskript rauswerfen, das werde ich aber zunächst beenden, dann die Feinarbeit. Ich halte es für wichtig, das Inhaltliche dem Ästhetischen voranzustellen. In "Ansichten des Romans" von E. M. Forster entdeckt: André Gide - Die Falschmünzer, hat eine oberflächliche Ähnlichkeit mit meinem Konzept. Kaufen!!! Kann man einen vollkommen seriösen Text schreiben? Es gibt da so ein Klischee, von dem ich aber nicht weiß, ob es Seriosität oder Langeweile meint.
8. 6. - Gibt es für Gießener Romane der Gegenwart eine Art übergeordneten Stil? Zum Beispiel die Darstellung von Sexualität als ein Teil der normalen Lebenswirklichkeit von Erwachsenen bei Christoph Grobe. Die modernen Menschen in Gießener Romangegenwarten widersprechen ganz erheblich der Darstellung selbiger in den Massenmedien. In Gießener Romanen sind sie nicht durch Oberflächlichkeit und Austauschbarkeit gekennzeichnet. Die emotionale Bandbreite ist vielseitiger, die Lebensentwürfe sind seltsam. Sibylle Berg etwa macht das ganz anders.
9. 6. - Brief vom LiteraturBüro, am 17. Juni ist im Café Schwarz ein großes Literaturtreffen aller Schreibenden, die Rolf Haaser kennt. Er hat Brixel vergessen, dabei ist Jörg der Gießener Lyrik-King, vor ihm war nur Gerald Zschorsch.
15. 6. - Schreiben geht jetzt ratzfatz, der Roman wächst, die Durststrecke der ersten beiden Teile ist überwunden. Ich kann nun komplett an meine Niederschriften aus dem letzten Jahr anknüpfen.
18. 6. - Im Café Schwarz gewesen, der übliche Haufen von Autoren. Selda Demirel ist die schönste Autorin Gießens, aber sie kann gerade keine Lyrik schreiben, weil sie so glücklich ist. Die meisten müssen zuviel arbeiten und kommen nicht zum Schreiben (?!?). Reza hatte eine Lesung in Paris und legt beim Schreiben nur drauf. Er hat mich gefragt, was ihm eine Gedenktafel an einer Hausmauer nützt, wenn er tot ist. Er muß jetzt satt werden. Die Veranstaltung zum Stadtjubiläum am 28. 6. ist wahrscheinlich unseriös, die Initiatoren kamen nicht zum Vorgespräch. Die meisten Anwesenden schreiben selten und probieren das nur mal aus (?!?). Klaus Frahm findet bei Verlagen mit seinem Krimi ("Familienkomödie") und bei Dichtern mit seiner Lyrik ("Das sind keine Gedichte.") keine Anerkennung. Das Kulturamt hat der Shanghai nicht genug Geld angeboten, Rolf Haaser warf Millionenbeträge durch den Raum, die das Theater bekommt. Kennt eigentlich irgendwer die Typen, die beim "Jungen Literaturforum" absahnten? Die aus Gießen?
26. 6. - Die Schwester meines Mitbewohners ist aus den USA zu Besuch. Ich wußte gar nicht, daß ich absolut fließend Englisch spreche. Ihr Sohn und ihre Tochter (19 und 16) wollten bis heute Schriftsteller werden, weil ihre Mutter mal geschrieben hat und ihr Großvater schreibt. Seit sie MICH gesehen haben, und vor allem, daß ich den ganzen Tag nichts anderes mache als Schreiben (2000 Wörter zur Zeit mindestens), haben sie ihren Plan aufgegeben. Die Mutter meint, ich sollte in die USA gehen, weil ich da Geld, einen Computer und "more opportunities for your writing" bekäme. Alles hier sei technologisch dreißig Jahre im Rückstand, telefonieren sei im Vergleich fast unmöglich; ich erklärte, daß es hier normal ist, ständig von anderen Menschen angerempelt und berührt zu werden. Alle drei erlitten einen Kulturschock, sind für meine Hilfe dankbar. Im EXPRESS war eine Annonce, in Marburg wird ein Drama mit vier gleichwertigen Rollen gesucht. Ich rief an, meins ist denen zu groß. Daraufhin gab ich ihnen die Adresse von Norbert Umsonst (Gießener Autor, der Shanghai nicht bekannt, 1997 "Die Wohnung" selbstveröffentlicht, szenische Darstellung über Homosexualität eines Sohnes in einer bürgerlichen Familie). Die Schwester meines Mitbewohners ist nicht von der Überzeugung abzubringen, ich sei ein Intellektueller. Die Tochter findet es am interessantesten, daß ich systematisch meine Nachbarn beobachte und darüber schreibe.
28. 6. - Stadtjubiläum. Der Kerl, den ich aus dem Hard Rock-Café kenne (sagt, daß er schreibt, hat einen riesigen Stapel angefangener Dramen daheim), heißt Antal. Ich habe ihn nach Marburg vermittelt. Er meint, daß er aus seinen Fragmenten ein Stück mit vier Rollen machen kann. Er war einer der Darsteller bei den "Gießener Geschichten" im Rahmen des Literatursalons. Ich habe einen Text von Börne erkannt und erhielt dafür Applaus. Zum erstenmal in meinem Leben hat es sich bezahlt gemacht, ein Buch gelesen zu haben. Die Theaterleute waren besser, als ich gedacht habe, ich habe stundenlang zugesehen. Leider gingen die Lesungen des LiteraturBüros mehr oder weniger in die Hose: Einer las an einem Tisch vor (Hafemann?) und ging sofort ganz nach Hause. Die beiden Gäste an diesem Tisch schickten jeden sofort weg (vehement), der nach dem Autor an dem Tisch lesen wollte. Ich habe aber keine Ahnung, was der Kerl vorlas. Ich hörte Demirel (Liebeslyrik, gelungen), Kunz (nur Prosa, Lyrik bevor ich dazukam, blieb eine Stunde am selben Tisch und das bei wohlwollendem Publikum), Bayer (Geschichten aus Arbeitswelt und Erotik im Büro, lustig, sprachlich gewitzt mit Einlagen; aber die Erotik glitt in ganz starken und immer mehr ausufernden Symbolismus ab), Mark Tell Weber ("Verwandtschaft", Edition Zollstock, ISBN 3-931237-02-8 - kauf oder stirb!). Warum ging das aber in die Hose? Die Akustik war so grottenschlecht, daß man sein Ohr an den Mund des/der Lesenden pressen mußte, um etwas zu verstehen. Wenn man einen halben Meter vom Autorenmund entfernt war, hat man nicht mehr gemerkt, daß eine Lesung stattfindet. Da saß dann halt jemand, der sich über ein Blatt Papier beugte und die Lippen bewegte. Das ist natürlich nicht nützlich für einen Zuhörer. Gegen 23 Uhr unterhielt ich mich höchstpersönlich mit dem Oberbürgermeister Manfred Mutz über das Geld für die Shanghai (DM 6000). Das Theater erhält mehr als viermal soviel, wie Rolf Haaser denkt! Ich habe dem Oberbürgermeister gesagt, daß die Stadt sich mit einer regen Literaturszene schmückt in ihren Schriften, und daß 6000 Mark keine Summe sind. Haaser soll Mutz anrufen, ich schüttelte dem Oberbürgermeister zweimal die Hand. Dieter Schormann saß auf einem Sofa und redete alle halbe Stunde in ein Mikrofon. Viele Menschen versammelten sich um ihn. Er erzählte von bedeutenden Schriftstellern und ihren Lesungen bei ihm. Demnach sind die Literaten ein Haufen von eingebildeten, geldgierigen, kränkelnden und versoffenen Spinnern. Ich bin auch Autor, mein Vater begegnete mir auf dem Stadtfest und nannte mich einen Existentialisten. Ich zeigte ihm einen Stinkefinger. Ein anderer Betrunkener redete einsam an seinem Tisch über die Zustände in Gießen, die Einsamkeit und Jesus, ich liege mit meiner Einschätzung im Drama also richtig.
1. 7. - Uni-HG, Seminarraum im 3. OG, 20.15 Uhr Vortrag: "Brauchen Dichter Drogen?" Interessante Frage! Meiner Ansicht nach Nikotin, Alkohol, Koffein in dieser Reihenfolge. Alexander Kupfer, Geisteswissenschaftler, über Drogen, Kreativität und Literatur. Die konsumierenden Dichter verfolgen das Ziel, Inhalte des Unbewußten zugänglich zu machen, etwa "älteste Erinnerungen". Angeblich steht die Frage, ob Schiller und Goethe mal zusammen gekifft haben, noch unbeantwortet im Raum. Es wird angeblich angenommen, daß späte Heine-Gedichte unter Einfluß von Opiaten entstanden sind. Kupfer schloß aus seinen Ausführungen, daß "der Rausch" nur die gewohnte, individuelle Wahrnehmung kanalisiert. Ich schloß aus seiner Beschreibung eines Cannabis-Rausches, daß er noch nie gekifft hat. Die von ihm vorgetragene literarische Beschreibung eines Meskalin-Rausches klang wie einer der Momente, in denen ich wieder mal schneller denke als schreibe. Der Vortragende gab an, nach der Lektüre von etwa zehn Seiten eines solchen Textes bereits berauscht gewesen zu sein. Ich selbst glaube, daß man sich auch einfach total betrinken kann, bevor man etwas schreibt, um dann festzustellen, daß dabei nur Müll herauskommt. Herr Kupfer kennt Burroughs, zitierte aber dessen wichtigen Satz zum Thema nicht: <<Die Wirklichkeit ist nur ein Abtastmuster, das sich mit verändertem Stoffwechsel anders zeigt.>> Ich bezweifle es doch stark, daß, wie es der Vortragende ausdrückte, Rauschbotschaften pure Poesie sind. Das Publikum verlangte am Ende vor allem, daß das alles viel besser reglementiert werden muß mit den Drogen. (Mist, meine Kippen sind alle!) Ich traf im Domizil Schätzlein, er äußerte eine wichtige Kritik zum Umgang mit religiösen Themen in Texten. Bezog sich auf das Drama, rettete meinen Roman. Wolf Schreiber will mir seinen alten PC leihen.
4. 7. - Begegnung bedeutender Schriftsteller, die noch nicht berühmt sind und aus der Gegend zwischen Shanghai und Fulda kommen, in Lauterbach, Südbahnhof. Es ist fast unmöglich, zu Suhrkamp zu kommen. Christoph Grobe war sogar einmal persönlich dort, um ein Manuskript hinzubringen, und wurde nicht mal am Pförtner vorbeigelassen. Klaus Frahm hat einen Stil, der meinem sehr ähnlich ist, er schreibt extrem gut. In Dortmund würde man eine kleine Reihe mit Mittelhessenkrimis herausbringen, wenn Frahm noch drei oder vier andere Autoren auftreibt. Er hat eine Kurzgeschichte bei Ullstein untergebracht. Der Verlag Christoph Grobe sucht Autoren: Schillerstraße 14, 35452 Heuchelheim. In Fulda gibt es eine Lyrikerin, die schreibt erotisch aus Frauensicht so gut, daß ich sie für Byzanz Total dem Schätzlein ans Herz legte: Heike Böcke! Es ist Blödsinn, einen Literaturagenten zu haben, weil es nur Geld kostet, keine konstruktive Kritik dabei herüberkommt und nicht besser vermittelt wird, als würde man es selbst tun. Rolf Haaser las ein Gedicht vor, das "Dichterrasse auf der Dachterrasse" heißt, außerdem verteilte er seltsame Flugblätter, die etwas mit seiner Lesung zu tun hatten. Marianne Bayer kommt mit ihren Texten beim Publikum an, Heike Böcke hatte noch nie so eine gute Überleitung. Anna Rind-Schad schreibt recht nette humoristische Texte. "Schöne" Kurzgeschichten über Alltag, überraschende Ereignisse, nicht zusammenkommen können. Martin Krauss müßte sich dringend mehr Gewicht verleihen und treibt die Literatur im Vogelsberg nach Kräften voran. Das Haupthindernis für seine Bestrebungen dort ist, daß sich gar keine Sponsoren finden, die Politik kein Geld übrig hat und die Autoren selbst vernünftigerweise nichts zahlen wollen für ihre Veröffentlichungen. Der Haufen von Schreibern zwischen Gießen und Fulda hat beschlossen, Geld zusammenzulegen, um einen Lektor zu einer Veranstaltung einzuladen, in deren Rahmen dieser erklärt, was man bei den Verlagen so erwartet, und der Texte von uns bewertet. An Kleinverleger kann man durch persönliches Vorsprechen herankommen, nicht aber an große Verlage. Es ist sinnlos, in Zeitschriften zu veröffentlichen, wurde behauptet, da man zwischen Anzeigen untergehe und höchstens von sich selbst gelesen werde. Doch was spielt das für eine Rolle in Anbetracht der Tatsache, daß man ein Honorar erhält? Bis auf Heike Böcke und mich scheinen alle Autoren auf diesem Treffen Wert auf ein "elitäres Literaturpublikum" zu legen. Die breite Masse wollen sie nicht erreichen, bei Frahm weiß ich nicht. Das Publikum in Lauterbach nannte sich zwar "Kulturverein", war aber im Vergleich zu Gießen ein völlig representativer Bevölkerungsquerschnitt. Die Leute waren zwischen 28 und 60, eher von der ruhigen Sorte und ein dankbares, aufmerksames Publikum. Heike Böcke stieß mit ihren Gedichten bei allen Frauen auf Anklang und bei allen Männern auf Ablehnung (bei mir nicht, das liegt an den Frauen in meinem Roman, für die trage ich schließlich Verantwortung). Heike arbeitet in einer Kneipe, sie kennt das Leben. Sie machte auf mich zunächst einen Eindruck wie Domenica Niehoff und setzte sich direkt zu Beginn der anderthalbstündigen Runde (Erfahrungsaustausch) neben mich. Die Veranstaltung war liebevoll organisiert (mühsam belegte Sandwiches, die man in zwei Minuten verschlang) aber zu früh vorbei, weil in Lauterbach die Bürgersteige hochgeklappt werden, wenn woanders der Abend noch gar nicht beginnt. Angeblich soll man keine Lesung unter 500 Mark Gage machen: In Gießen? Hahaha! Ich bekam mal 12 Mark Gage (bei 33 Mark Ausgaben).
6. 7. - Kurzprosa: "Der Raum" (Thriller über meinen ehemaligen Nachbarn und seine Mutter).
7. 7. - Kurzprosa: "Made in Denmark" (Vollwaise sucht Spuren der Eltern).
11. 7. - Kurzprosa: "Besuch aus Amerika" (Sophie, Pferdefotografin, hatte Besuch). Ich beschäftige mich zur Zeit mit dem Urheberrecht. Die Lage ist für mich als Autor gar nicht schlecht, ich muß die Gesetze aber kennen, um nicht über den Tisch gezogen zu werden.
12. 7. - Kurzprosa: "Der Weltraum" (Science Fiction, hochgradig behämmert).
20. 7. - Kontaktanzeige beantwortet, ich sei Schriftsteller und hätte furchtbar viele Freunde.
22. 7. - Nikola Herweg soll mich angeblich für den Anzeiger interviewen, war nur ein Gerücht, das mir aus dem Umfeld der freien Mitarbeiter zugetragen wurde. Ich bin im Gespräch! Kurzprosa: "Kein Widerstand möglich" (über die Gedankenwelt fünfzehnjähriger Jungs).
23. 7. - Gudrun hat behauptet, sie kenne einen Mann, der immer vom Klo geholt werden mußte an der Arbeit, weil er dort Gedichte schrieb. Später habe er eine Zeit ausgesetzt, gemalt, geschrieben und dann wieder gearbeitet: <<Da war dann auch alles wieder gut scheinbar.>> Das klingt nach LiteraturBüro, kennen wir den Kerl? Im Domizil Gespräch mit Schätzlein über Sexliteratur.
26. 7. - Die Frau aus der Kontaktanzeige ist äußerst attraktiv, kurzweilig, seriös (steht mit beiden Beinen im Leben), Italienerin, und sie liest gerne. Natürlich sind wir inzwischen ziemlich oft ausgegangen. Zum Geburtstag hat sie sich meinen Roman gewünscht. Claudia Peinzger braucht einen literarischen Text, der bei der Vernissage einer Kunstausstellung gelesen wird und zur Ausstellung paßt.
28. 7. - Kurzprosa: "Florian hat Bauchweh" (über Schwester Claudia an der Arbeit; Claudia Peinzger ist Krankenschwester und hat in ihrer Ausstellung mit Klischees über Ärzte, Krankenhausinterieur etc. gespielt, mittlerweile studiert sie).
29. 7. - Nach dem Kneipenbesuch zu Harald Schätzlein eingeladen, dort weitergetrunken. Über Literatur in Gießen und ähnliches unterhalten, gegen 7 Uhr 30 morgens mit den drei ersten Byzanz Total-Ausgaben, die mir noch fehlten, nach Hause geschwankt. Es wird eine neue Byzanz geben, Harald und Jörg begreifen das Heft als Ego-Trip.
31. 7. - Kurzprosa: "Nummer 43" (über einen Besuch bei Claudia Peinzger zum Kaffee).
1. 8. - Vernissage von Claudia Peinzger in Gießen, Music Attack Bleichstraße. Lesung im Bekanntenkreis, die Kunstwelt ist klein und exclusiv. Der Text war angemessen und geeignet, Claudia hat er auch gefallen, vorher Arbeitsessen im Stehimbiß. Bier bei der Lesung, klasse!
2. 8. - Am Roman weitergearbeitet. Das Kapitel mit dem Künstler Meinhardt Schätzel wird entweder der Knackpunkt oder besonders gut. Ich muß mich auf Schätzleins Rat verlassen, mich als Gott zu begreifen, was die Welt in dem Buch betrifft.
4. 8. - Im Domizil mit Schätzlein über Relativsätze in Texten unterhalten, er ist kein Freund von wörtlicher Rede in Prosa. Der Geist gesprochener Sätze läßt sich in der Literatur nicht wiedergeben, Jörg Brixel beherrscht das aber sehr gut. Jörg leide aber unter seiner Biographie, deshalb diese Bescheidenheit. Diese Italienerin mag meine Texte!
5. 8. - Brief von Suhrkamp: <<Sehr geehrter Herr Michnacs, haben Sie Dank für Ihren Brief vom 3. Mai 1998. Es tut uns leid, Sie bitten zu müssen, von der Übersendung Ihrer Manuskripte abzusehen. Die Verpflichtungen des Verlages sind so zahlreich, daß wir Neues zur Zeit nicht planen möchten.>> Die Mutter von Tobias Bach schreibt in der Wetterau für Lokalzeitungen und kann da, sagt er, für mich in einer Buchhandlung eine Lesung organisieren. Er fragt sie mal.
9. 8. - Die Italienerin hat mir alle Briefe, die sie auf ihre Annonce hin bekam, geschenkt. Mein Gott, manche meiner Konkurrenten sind naiv wie Kinder, einer hält sich selbst für bescheuert und hat das mit Tipp-ex wieder ausgelöscht. Ich könnte daraus ein Drama schreiben. "Das Mädchen-Stück" (Dramenentwurf bis 3. Szene).
10. 8. - Entwurfsfassung erster Akt (19 Seiten Manuskript) beendet, zur Seite gelegt bis zur nächsten Eingebung in unbestimmter Zeit.
14. 8. - Gedicht im Notizbuch: "Kleinlinden" - <<Panzer, Panzer/Apokalypse der Landser/Kopfschmerz/liebe Not, mein Herz!/Auf dieser Diskette/das Ende des Jahrhunderts/das ich gern/noch einmal wiederhätte.>> (Das Fazit aus der Recherchetätigkeit zu Beginn des Jahres, nachdem der Stoff in meinem Roman verarbeitet ist.)
17. 8. - Im August für den Roman eine Weihnachtsfeier erfunden, das macht mich ganz verwirrt. In mehreren Texten versuche ich, den Winter zu beschreiben, draußen eine Bullenhitze.
20. 8. - Mit der Italienerin abends den PC bei Wolf Schreiber abgeholt, alt aber okay. Mein erster Computer. Vor 7 oder 8 Jahren habe ich sogar mal programmieren gelernt.
22. 8. - Der PC läuft jetzt. Die Grafikkarte flog lose im Gehäuse herum, die Mouse ist im Arsch, Windows hat eine Macke, MS-DOS erkennt die europäische Tastatur nicht, der Monitor spinnt.
23. 8. - Der PC ist eine üble Krücke. WORD 6.0 ist abgestürzt, ich mußte Windows neu laden, jetzt ist WORD komplett weg. Hoffentlich hat es noch jemand. Jetzt schreibe ich drei Roman-Fassungen parallel, Manuskript, Typoskript, am Computer. Prosa ist Arbeit ohne Ende.
31. 8. - Bibel gekauft, weil im Roman ein religiöser Mensch (M. Schätzel) vorkommt. Mit dem Lesen angefangen, zuletzt habe ich sie mit 13 gelesen. Heute parallel die Odyssee, sonst wird man ganz blöd, das Alte Testament mit seinen Stammbäumen und Reiseroutenbeschreibungen ist stinklangweilig. GOTT muß schon ein komischer Kauz sein: <<Woher wißt ihr, daß ihr nackt seid?>> Seine Untergebenen hacken aufeinander herum, bis die Schwerter brechen.
8. 9. - Ich habe Post von Gerald Zschorsch! Neulich schrieb ich ihm, wie gut ich "Der Duft der anderen Haut" finde: <<Lieber Florian Michnacs, vielen Dank für Ihren Brief; er hat mich erfreut und berührt. Die Gedichte von DER DUFT DER ANDEREN HAUT entstanden tatsächlich in Gießen, bzw. in Watzenborn/Steinberg, wo ich in meiner Gießener Zeit (1975 - 80) gewohnt habe. Es ist das Haus (neben einer alten, ausgebrannten Ziegelei), welches allein und einsam auf der rechten Seite der Landstraße von Watzenborn nach Grüningen steht. Es wird heute von fremden Menschen bewohnt. Sollten Sie einmal dort vorbeikommen, so grüßen Sie mir das Anwesen ganz herzlich. Und so grüße ich Sie auch aus Frankfurt am Main. Ihr Zschorsch.>> Moral: Verlage sind feindlich, Dichter sind freundlich.
9. 9. - Erste realistische Gedanken über ein Romanende.
13. 9. - Ich lebe nicht mehr in meinem Roman, mir fällt draußen nichts mehr auf. Sternack ist sein eigener Mensch geworden. Steuernagel erscheint mir anders als damals beim Verfassen der Novelle, Tina Blum ist überhaupt ganz bedeutungslos, sie ist der Geschichte entwachsen. Steuernagel macht sich aus dem Staub, und Sternack bleibt in alles verstrickt. Wenn ich jetzt die Ebene hinter dem Bahndamm bei Kleinlinden beträte, würde ich verblüfft Fennek und das weiße Haus vermissen.
17. 9. - Die erste der Ideen, aus denen später der Romantitel wird: <<Das Knochenhaus spricht tatsächlich auf der Vernissage, Steuernagel drückt ihm das Mikro in die Hand. Von solchen Menschen wird man ganz blöd und verzweifelt, siehe meine Gedanken zu Kunstzerstörern.>>
19. 9. - Gestern den Stoff für den sechsten Teil (des Romans) gesichtet und erfasst. Ich habe eine Liste wie für die Novelle damals, wahrscheinlich sind die beiden letzten Teile des Romans am stärksten. Ich kann es mir leisten, über Sex zu schreiben. Die Charaktere sind so stark, daß sie ihn einfach haben können, ohne fragwürdig zu werden. (Mir waren vier oder fünf Tage die Hände gebunden, weil ich wissen mußte, wie man einen bestimmten Lkw-Typen bezeichnet, den zu Beginn des 6. Teils Steuernagel im Rahmen seiner Arbeit fährt. Ungefähr zehn Telefonate mit dem Hersteller, dessen Angestellte den Suchbegriff nicht kannte, einem Nutzfahrzeugvermieter, der wußte, was ich meine aber den Begriff nicht kannte, dem TÜV, der mir den falschen Begriff nannte, bis ich einen sehr grobschlächtigen Handwerker in einer Lkw-Werkstatt fand, der es wußte. Außerdem wälzte ich in der Stadtbibliothek total seltsame Liebhaberbücher über Lkw- und Traktorentypen sowie Fahrzeugtypen der Bundeswehr, Lehrbücher für Auszubildende in Kfz-Berufen, doch selbst in einem Fachbuch über Spezial-Lkws war er nicht drin: Der Hublader.)
24. 9. - Ich schrieb die ersten dreißig Seiten des letzten Romanteils (Manuskript) an einem Tag, meine größte Einzelleistung bisher bei diesem Text.
28. 9. - Interessant: Wenn ich den Gestalten aus meinem Roman in der Realität begegne, gehen sie mir inzwischen auf die Nerven, etwa Erik. Er sagt, er interessiert sich nicht mehr für lange Prosa, denn er kenne einen "Journalisten", der sich in 400 Worten ausdrücke. Außerdem kennt er einen jungen Holländer, der irgendein "Gedicht" (Erik: <<Ich glaube, es ist eins.>>) geschrieben hat. Mache ich mal wieder eine Lesung? Bald ist mein Roman fertig.
30. 9. - Ich schreibe ein Romanende und verliere die Lust an meinem eigenen Stoff. Das Irritiert, weil keine "großen" Ideen mehr kommen, weil der Stoff keine mehr nötig hat. Wie einem einfachen Bücherleser fehlt mir der Gesamtüberblick über die Geschichte. Was ich geschrieben habe entfällt mir, es ist überflüssig geworden. Nur Dinge, die gespeichert sind, können überhaupt gelöscht werden (Lyotard). Ständig verwirren mich Déjà-vu-Effekte: <<Habe ich das nicht schon reingeschrieben?>> Einen Roman überhaupt zu beenden, ist ein Riesenproblem. Kritiker müssen keine Romane verfassen, deshalb können sie sie ohne Hemmungen verreißen. Wenn sie doch welche schreiben, sind sie meistens grottenschlecht.
2. 10. - Im Manuskript muß die Prosa noch nicht perfekt sein. Ich muß erstmal meine Geschichte erzählen, die Klinge der Sprache schärfe ich dann. Am schwierigsten wird es für mich sein, die Geschichte von den Anteilen zu befreien, die sie nicht nötig hat, denn erzählen will ich alles. Erik hat Unrecht, man kann sich nicht in 400 Worten ausdrücken. Ich kann es in 4: <<Sydney ist in Texas.>>, aber ich würde es gerne in 400000 können.
3. 10. - Tag der Deutschen Einheit. Gerald Zschorsch ist der einzige mir bekannte Gießener Autor, der es geschafft hat, in seinen Texten eine Verbindung zwischen Gießen - Notaufnahmelager - DDR herzustellen. In seinem ersten Buch: "Glaubt bloß nicht, daß ich traurig bin" bei Suhrkamp. Ich habe den Romantitel gefunden: "Der Angriff der Sonnenstrahlmiliz auf das Knochenhaus", alles andere wäre mir zu langweilig.
7. 10. - Harald Schätzlein schneite herein, wollte eine Wohnung im Nachbarhaus besichtigen, aber da war gerade niemand daheim. Dann setzte er sich mal an meinen PC und sah sich das WORD-Problem an, er fand heraus, daß es auch in WRITE möglich ist, Word-Dateien zu schaffen. Gut, sehr gut, ich kann loslegen. Wäre ein angenehmer Nachbar, ich helfe dann gerne beim Umzug. Ich habe ihm mal den Zschorsch-Brief gezeigt, er lächelte milde.
8. 10. - 17 Uhr 35, der Roman (Manuskript) ist fertig. Schätzlein hat es auf dem Anrufbeantworter, in anderthalb bis zwei Monaten will ich eine Lesung. Ich ging ins Hard Rock-Café, um mich zu betrinken. Da war aber gar nichts los. Dieser Antal war kurz da, er hat sein vier Personen-Drama nicht geschrieben: <<Keine Zeit!>> So wird aus dem nichts. Dann im Domizil, ich lese dort am 29. November um 21 Uhr Auszüge aus meinem Roman. Jörg Brixel legt Platten auf.
9. 10. - Nur einen Tag nach dem Romanabschluß läuft das Leben in geregelte Bahnen, meinen Schreibtisch räumte ich schon gestern auf. Hier liegt kein Berg von Notizen mehr herum. Gießen ist jetzt die Literaturstadt an der Lahn, es gibt einen Roman über Gießen, von Florian Michnacs.
10. 10. - Ab heute wieder Arbeit am Typoskript, das bedeutet eine komplette Neufassung des Romans.
11. 10. - Mein Alptraum ist, daß sich irgendwelche Amateure meinen Roman greifen, ihn für genial erklären und aus Versehen vernichten, bevor Brixel und Schätzlein ihn gelesen haben und mir sagten, wo die Schwachpunkte liegen. Es gibt solche Leute, meistens Studenten, Zitat: <<Wer soll denn sowas lesen? Du machst den Eindruck, als bist du noch auf der Suche. Warum mußt du denn unbedingt Schriftsteller sein? Das ist ein Hobby! Du mußt mal ein Jahr lang nur Ficken, Saufen, Spritzen - nichts anderes, dann kannst du erst schreiben.>> Danke.
13. 10. - Mein Mitbewohner meint, ich soll nicht tiefstapeln, also meinen Roman nicht jemandem in Gießen zeigen, sondern "jemandem, der was kann". Hier sehen ihn trotzdem Schätzlein und Brixel.
15. 10. - Meine Schreibmaschine hat ihren Dienst aufgegeben, nach 700 Seiten in anderthalb Jahren. Telefonisch für morgen eine neue im Bürogeschäft organisiert.
19. 10. - Andrea fragte im Haus, warum man mich nicht mehr so oft sieht. Ich erklärte das mit dem Roman und daß ich dauernd tippe. Das hat man davon, wenn man sich entschließt, ein Schriftsteller zu sein.
20. 10. - Typoskript fertig, ich kann ab morgen korrekturlesen.
23. 10. - Heute ermittelt: Die meisten bekannten Autoren haben gar keinen Computer, wie unprofessionell. Sie schreiben mit einem Federhalter oder einer mechanischen Schreibmaschine und binden ihre Manuskripte mit Bindfäden selbst. Außerdem liegt in ihren Arbeitsräumen ein ungeordneter Berg von Papier, der nicht angestoßen werden darf, was nämlich eine Lawine auslösen würde. Neuer Romananfang an der Schreibmaschine, ich entwickelte den Plot seit Februar, aber dieser Text geht Gießen noch nichts an. Mein fertiger Roman findet bei meinen Freunden Interesse, Außenstehende machen nur kleine, ungläubige Scherze. Beginn der Arbeit an der dritten und endgültigen Fassung am PC.
25. 10. - Lesung von Michael Buselmeier, hat mir gefallen. Aber wie immer auf Lesungen konnte ich mich gar nicht auf den Vortrag konzentrieren, sondern dachte über alles mögliche in Ruhe nach. Aber es bleibt halt doch immer was hängen. Er hat auch einen Band mit Gedichten über den Sport geschrieben, in dem der VfB Gießen vorkommt. Haaser ist gespannt auf meinen Roman, er weiß noch gar nicht, daß er darin vorkommt, hähä! Er, Anna Ananieva und Klaus Frahm wollen zu meiner Lesung kommen, mit Paul Hess hatte ich neulich schon telefoniert.
27. 10. - Beteiligung an einem Wettbewerb der PreussenElektra. Der Strom soll einen Namen bekommen, ich erfand einen: Der bleibt aber geheim. Gewinn: BMW Z3 Roadster, wieviel ist so eine Karre wert? Mit dem Geld könnte ich zwei Romane schreiben. Mit den Fick-Geschichten in meinem fertigen Roman kann ich auf einen Skandalerfolg hoffen, die Erneuerung der Literatur ist das noch nicht. Aber das hatte ich auch nicht vor. Ich wollte nur Selbstverwirklichung und Abenteuer.
28. 10. - Ich weiß, wie ich das Drama (Jesus = Müll) seriös machen kann! Ich baue das pathetische Ende um, da schiebe ich mein altes "Kampfstern Galaktika" ein. Erst nach dem Roman am Computer. Zwei Sachen gleichzeitig, das geht nicht, und das ist zum Kotzen, die Idee ist nämlich saugeil! Es kostete mich etwa 20000 Mark zu wohnen, zu essen, bekleidet zu sein, Kurzweil zu haben, während ich den Roman schrieb. Ich habe alles selbst bezahlt, anders wäre es nicht gegangen.
31. 10. - Ach, ich lese zur Abwechslung mal ein Buch: H. G. Wells - "The War of the Worlds" (in einer englischen Fassung, ich spreche fließend Englisch). Wer weiß, was vor 60 Jahren in den USA aufgrund einer Radiosendung geschah?
1. 11. - Heute Vormittag "War of the Worlds" fertiggelesen, es ist so ein Buch, das mir sagt, was ich an der Literatur so liebe. Es hat mich total gepackt, ich las es fiebernd, wie ich sonst als Kind las.
2. 11. - Ich habe heute mit ein paar Zigarettenpausen etwa fünf Stunden am Stück am PC gesessen, das ist das Limit. Da ich den Roman zugleich mit dem Abtippen auch nochmal umschreibe, kann ich höchstens zehn der Schreibmaschinenseiten pro Tag bewältigen. Ich hoffe auf einen Skandalerfolg, weil es so oft um Sex geht, aber literarisch ist der Roman dennoch. Ich habe einen kleinen Ficker erfunden, über den sich die Frauen echauffieren können und mit dem sich die Männer identifizieren können, damit mir alle ihr Geld geben.
3. 11. - Brief von PreussenElektra, mein Namensvorschlag für den Strom ist scheinbar in der engeren Wahl, die endgültige Entscheidung wird Mitte Dezember bekanntgegeben. Das wäre ja der Job meines Lebens! Für drei, vier Minuten Denkarbeit den Gegenwert eines BMW.
5. 11. - Allein der Wille bzw. Vorsatz, ein Schriftsteller zu sein, reicht nicht aus, denn die Arbeit "Schreiben" verlangt eine ganze Menge Energie, Disziplin und Fleiß. All das kommt nicht von ungefähr, man müßte mal ermitteln, wieviele eingebildete Schriftsteller an ihrer eigenen Faulheit scheitern. Schreiben taugt nicht zum Hobby. Anruf von Anna Ananieva, bis Montag oder Dienstag eine Art Erlebnisbericht für die Jahresausgabe der Shanghai: "Ein Schriftsteller in Gießen" oder so. Ja, kein Problem.

Anmerkung: Dieser Text ist stark gekürzt.