das »autoren-café«
in Kassel
von Markus
Hofmann
Um
nicht nur ausschließlich und immer den heimischen Gefilden
verhaftet zu bleiben, beabsichtigt die Shanghai OPERA, zukünftig
den Blick auch in die nähere Ferne zu richten und
einen Einblick in das Literaturgeschehen in anderen hessischen
Literaturmetropolen zu bieten. Auftakt soll hier ein kurzer Ausflug
in die Kasseler Friedrich-Ebert-Straße sein, wo seit mehr
als zwanzig Jahren ein »autoren-café« sein
Wesen treibt, und das scheinbar mit Erfolg: Für ihr Schaffen
bekam die Einrichtung im letzten Jahrzehnt bereits den Dr.-Zippel-Preis
und den Kulturförderpreis der Stadt Kassel verliehen.
Bereits 1978 wurde die Stätte literarischer Zusammenkunft
gegründet, zur ersten Lesung trat im Februar des Gründungsjahres
Christine Brückner an, eine heimische Autorin. Auch heute
noch bildet die Werkstatt ein Forum vor allem für Kasseler
Schriftsteller, die, ob bekannt, ob weniger, ihre Texte einem
interessierten Publikum vorstellen dürfen. Die Devise bei
den allwöchentlichen Dienstags-Lesungen ist dabei, einen
Schritt vom Konsum zur aktiven Teilnahme zu vollziehen: Intensive
Gespräche zwischen Autor und Auditorium im Anschluss an die
Lesungen gehören zum kommunikativen Selbstverständnis
der Einrichtung, zu deren Zielen unter anderem die kreative Auseinandersetzung
mit der Lebensumwelt und das soziale Gespräch innerhalb des
städtischen und regionalen Umfeldes gehören.
Dieses Anliegen geht nicht zuletzt zurück auf die Geisteshaltung
und das Kulturverständnis gegen Ende der 70er Jahre, wo die
Geburtsstunde zu finden ist des »autoren-cafés«
und des Vereins, unter dessen Dach die Literaturinitiative entstanden
ist: der »Werkstatt Kassel«.
»Kultur von unten, Kultur für alle« lauteten
Forderung und Wegweisung, die den Gestus der »Werkstatt«
vom Anbeginn bestimmte: Im damals noch so genannten »Haus
der Begegnung und KulturWerkstatt« trafen Aktivitäten
auf den unterschiedlichsten Gebieten künstlerischen Ausdrucks
auf die Diskussion gesellschaftspolitischer Fragen: Robert Jungk
errichtete 1978 eine »Zukunftswerkstatt«, Rudi Dutschke
diskutierte über eine »Gesellschaft mit dem Antlitz
des Menschen« und Joseph Beuys arbeitete in verschiedenen
Seminaren im Rahmen der »Freien Internationalen Universität«
an einer »sozialen Plastik«.
Doch zurück zum »autoren-café«: In einer
Periode von über zwanzig Jahren literarischer Aktivität
wurden in Veranstaltungsreihen eine Vielzahl von Thematiken unter
die schriftstellerische Lupe genommen: »Fremd und Vertraut«
befassten sich 1994 die verschiedenen Veranstaltungen und ihre
Erzählungen, Gedichte und Performances mit dem Thema Deutschland
und Nationalsozialismus, 1996 ging es um »Märchen.
Mythen. Metamorphosen.« und ein Jahr später bildeten
»paradocs. Texte zur documenta« einen Schwerpunkt
der Lesungen.
Zur Unterstützung der Kasseler literarischen Existenzgründerinnen
und -gründer von seiten des Cafés zählen jedoch
nicht nur die Veranstaltungen in den eigenen Räumen: Die
Initiative sieht sich außerdem als Vermittlungsinstitution
zwischen Autoren, Veranstaltern und Verlagen; Live-Mitschnitte
der Lesungen im Freien Radio Kassel, die Betreuung der Literaturseite
des monatlich erscheinenden Stadtmagazins »TagesSatz«
und die Veröffentlichung von Anthologien bieten weitere Möglichkeiten:
Bislang gibt es vier an der Zahl zu erwerben, zuletzt »Nordhessen
antwortet« mit einer subjektiv-repräsentativen Auswahl
an im »autoren-café« präsentierten und
diskutierten Texten.
Das aktuelle Projekt im »autoren-café« sind
die »Kasseler Lyriktage«, die am20. Mai mit einem
Lyriktag und Lyrikfest ihren Höhepunkt fand. Die offene Dichterbühne
auf diesem Poet-Fest beabsichtigte, auch den Schreibenden, die
bislang keine Möglichkeit hatten oder sich nicht überwinden
konnten, ihre Texte vor einem Publikum zu präsentieren, zu
helfen, über ihren schriftstellerischen Schatten zu springen.
Und weitere Informationen über die Umtriebe im Kasseler »autoren-café«
gibt es unter der Telefonnummer 0561-777509, per E-Mail an werkstatt-kassel@t-online.de,
weltlicher Post an die Werkstatt Kassel e.V. - Friedrich-Ebert-Straße
175 - 34119 Kassel oder auch hier im weltumspannenden Netz:
http://www.nordhessen.net/werkstatt.
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