Lahnbeat - Die Homepage

von Bernd Walf

 

Was macht man, wenn man sich, warum auch immer, von irgendwas oder irgendwem abgrenzen will? Richtig! Man gründet seinen eigenen Club. Nein, nein, das soll nicht gehässig klingen, keineswegs. Eher im Gegenteil, denn was soll man schließlich machen, wenn einem ein gegebenes Umfeld nicht behagt? Man macht entweder gar nichts oder man passt sich an (in Volksmund auch "Resignation" genannt), oder man macht sich eben sein eigenes Umfeld. Die Herren Florian Michnacs, Paul Hess und Wolf Schreiber gingen den letzteren Weg: Sie gründeten eine literarische Bewegung in Gießen mit dem Namen Lahnbeat zu dem Zweck, "Projekte und Veranstaltungen der LAHNBEAT-Bewegung von sonstigen literarischen Ereignissen mit Gießener Ursprung abzugrenzen." Und natürlich auch, um ein Forum zu bilden das es erlaubt, eigene Texte einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen, als es einem bloßen Einzelkämpfer möglich wäre. Eine dieser Möglichkeiten, Literatur in die eigene Hand zu nehmen, bietet ihre Homepage, die unter der Adresse www.lahnbeat.de zu finden ist.
Die Website verzichtet auf überflüssigen Schnörkel; schließlich geht es ja auch im Wesentlichen um Texte. Man findet glücklicherweise keine riesigen, animierten Grafiken, keine Werbebanner und auch sonst nichts von den beliebten Web-Spielzeugen, die durch ihre langen Ladezeiten die Geduld des Betrachters und Lesers auf eine harte Probe stellen. Der dunkle Hintergrund und die rote Schrift sind zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber gut zu lesen.
Die Navigationsleiste der Site ist chronologisch aufgebaut, von der Gründung bis zu aktuellen Veranstaltungen. Man findet kein "Wir über uns" oder "Unsere Texte" oder "Ursachen für die Entstehung von Lahnbeat" als eigenständige Punkte. Diese Informationen sind über die gesamte Site verstreut. Man muß (und sollte) sich schon die Mühe machen, die einzelnen Punkte in der zeitlichen Reihenfolge anzuklicken, so erhält man nach und nach ein ziemlich vollständiges Bild von LAHNBEAT, ihre Autoren, Texte, Entstehung und vor allem die Entwicklung. Längere Texte der Autoren stehen als Download zur Verfügung. Man erfährt so einiges über die Gießener Literaturszene, vor allem über das Frustpotential, das sie bietet. Zu diesem Thema besonders zu empfehlen ist der Punkt "1. Lahnbeat-Symposion" in der Rubrik "März 2000" auf der Homepage.
Originaltöne:

"Zurück zur Verblüffung. Darüber, daß man mit der gegenseitigen Versicherung bzgl. Chancenlosigkeit, Verkanntheit, Jammertal so zufrieden war."

"Das Gefühl einer verschenkten Gelegenheit; und aus ziemlich unerklärlichen Gründen
verschenkt."

"Gießen verfügt weder über eine genügende Zahl motivierter Literaten noch über ausreichendes
Publikumspotenzial, um die Szene auf Dauer zu etablieren."

"Die Szene dümpelt vor sich hin" (Zeitungsmeldung)

Harte Worte, aber wahr. Die Kunst besteht natürlich darin, solche Umstände nicht einfach hinzunehmen, sondern aktiv dafür zu sorgen, daß sie sich ändern.

Besonders lesenswert und informationsträchtig ist der Punkt "Debatte" unter "Aug. 2000"
Dort ist nachzulesen, als was sich Lahnbeat versteht und was sie bieten können. Das ist nicht gerade wenig. Autoren sind ja im allgemeinen keine Marketing-Spezialisten, da tut ein Forum Gleichgesinnter gut. Alles in Allem läßt sich auf den Webseiten von Lahnbeat erkennen, daß sich hier eine erfreuliche Erweiterung des Gießener Literaturszene entwickelt.
Hoppla, eine Erweiterung der Gießener Literaturszene, von der sie sich doch eigentlich abgrenzen wollen (siehe oben)? Klingt vielleicht doch gehässig, ist aber nicht so gemeint. Wirklich nicht!